Bauen in Freiburg

Schaut man als Tourist auf die Homepage von Freiburg, bekommt man eine Fotoschau zu sehen mit Bildern vom Münster und den beiden alten Stadttoren, dem Augustinerplatz, der Grünwälderstraße, dem Stadtgarten und natürlich unseren Bächle. Freiburg wirbt mit „seinen unzähligen Grün- und Parkanlagen, in denen man immer wieder zur Ruhe kommen kann, der Natur und dem besonderen Flair unserer kleinen Großstadt.“ Nicht zu sehen sind die Bausünden der vergangenen Jahre wie beispielsweise der „Komturm“ oder der „Karlsklotz“. Zu Recht, denn damit lockt man keinen Touristen und erst recht keine Neubürger nach Freiburg. Freiburg lebt in der Tat von seiner reizvollen Altstadt und dem besonderen Flair, dem Touch, der einer südländischen Stadt nahe kommt. Daher wundert es nicht, wenn der Bevölkerungsanteil entgegen der Prognosen wächst und es viele Menschen – vor allem ältere – nach Freiburg zieht. Dies wird zum Anlass genommen nach weiteren Standorten für die Bebauung Ausschau zu halten. Sicher ist es dabei sinnvoller, eine Innenentwicklung, also bestehende Potentiale zu nutzen, als die grünen Außenbereiche zuzubauen. Was des einen Freud, ist des anderen oft genug Leid, vor allem der Nachbarn, die die Nachverdichtungen vor ihren Haustüren erfahren und aushalten müssen. Hier ist Sensibilität und Fingerspitzengefühl gefragt, vor allem, wenn es nach Größe und Art der Bebauung geht. Beides setzt voraus, dass nicht nach Großherrenmanier agiert wird, sondern die Bürgerinnen und Bürger mit ins Boot der Planung genommen werden, allerdings nicht erst, wenn die Pläne fix und fertig und damit nicht mehr veränderbar vorliegen. Wir brauchen also eine Kultur der Kommunikation und Beteiligung.

Das ist auch das Anliegen der Freiburger Bürgervereine. Seit Jahren wird von den Bürgervereinen moniert, dass sie, – außer bei Bebauungsplänen -, nicht mehr über Bauvorhaben informiert werden. Als Argument wird von Seiten der Stadt der Datenschutz angeführt. Dieser greift aber nur, wenn es um Innenaufteilung geht. Das Gebäude selbst, das, was dem Betrachter von außen täglich zugemutet wird, ist für einen Stadtteil von Interesse und sollte im Zuge des Gemeinwohls im Vorfeld öffentlich gemacht werden. Die Gründung vieler Bürgervereine beruht übrigens auf der Tatsache, dass sich die Bürgerinnen und Bürger bereits vor hundert Jahren gegen „unsägliche Bebauungen“ zur Wehr setzen mussten, was heute noch genauso aktuell ist wie damals. Bezeichnend ist auch, dass mancher Bauträger sich weigert, mit den Bürgervereinen ins Gespräch zu kommen, weil er sich keiner „zweiten Genehmigungsinstanz aussetzen will“. Bei diesem Argument sollte man hellhörig werden, denn hier geht es in der Regel darum, möglichst viel Geld zu verdienen. Bürgervereine sind grundsätzlich keine potentiellen Gegner von Neubebauungen. Sie legen nur großen Wert darauf, dass das Gesicht und die Lebensqualität ihres gewachsenen Stadtteils erhalten bleiben. Es gibt genug Beispiele, dass dies gelingen kann, aber leider auch zu viele Beispiele, die das Gegenteil zeigen, wie die Bebauung des Parks von St. Urban in Herdern, wo keinerlei Rücksicht auf die bereits vorhandenen Gebäude, wie etwa die auf dem Gelände stehende Villa oder das Bruderhaus, genommen wird. Oder die Verdichtung im Stühlinger, wo in der Engelbergerstraße auf der ehemaligen Wiese inmitten der Universitätsgebäude, die den dort wohnenden Studenten als Treffpunkt, zur Kommunikation oder einfach der Ruhe diente, ein weiteres Studentenwohnheim platziert wurde. Die Empörung der Zähringer über den geplanten Turm auf dem Platz der ehemaligen Tankstelle in der Zähringerstraße sei hier ebenfalls erwähnt.

Zwischen der Art der Bebauung und der Anzahl freier Flächen mit dem gesellschaftlichen Miteinander, gibt es einen engen Zusammenhang. Je enger und höher gebaut wird, je mehr Flächen verloren gehen, desto schwieriger wird das Zusammenleben. Wir jammern viel über unsere Kinder und Jugendlichen, die viel zu viel und viel zu lange vor den PCs und den Fernsehern sitzen. Das, was der etwas älteren Generation als Kindern noch vergönnt war, nämlich das unbeschwerte Spiel auf der Straße, den Hinterhöfen oder unbebauten Grundstücken, ist heute nicht mehr möglich. Wenn wir unseren Kindern Bewegung verschaffen wollen, fahren wir einige Kilometer ins Grüne oder stecken sie in Vereine, wo sie Angebote konsumieren müssen, anstatt sich selbst ausprobieren und ihre Grenzen erfahren zu können. Dies gehört zu den Standardthemen in den Bürgervereinen: wo schaffen wir unseren Kindern und Jugendlichen Räume, wo sie sich unbeobachtet treffen und ihre Freizeit verbringen können. Plätze und Gelder gibt es hierfür kaum.

Es wird Zeit, dass ein Umdenken der Verantwortlichen stattfindet, welches ein ehrliches und aktives Miteinander von Bürgerinnen und Bürgern und den Planern beinhaltet. Damit kann es länger dauern, bis ein Plan reif für die Umsetzung ist, aber die Akzeptanz wäre wesentlich größer, dafür der Unmut über manche Bebauungspläne in der Bevölkerung um Vieles geringer Wenn wir dieses gute Miteinander zuwege bringen, kann es noch lange heißen: „willkommen in Freiburg im Breisgau!“

Ingrid Winkler, stellv. Vorsitzende AFB Vorsitzende Bürgerverein Herdern
Stadtkurier Januar 2011

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