Von oben inszeniertes Bürgerforum – ein neues Medienspektakel?

Die Bertelsmann Stiftung spricht in diesen Tagen zusammen mit dem Bundespräsidenten mit viel Aufwand Mitbürger und Mitbürgerinnen im ganzen Land per Zufallsverfahren telefonisch mit einem sogenannten Bürgerforum an und fordert zur online Mitarbeit auf. Beide glauben, dass mit den neuen Medien mehr Menschen für die drängenden politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit gewonnen werden können. Die einjährige PR- Aktion soll dann gemeinsame Lösungsvorschläge entwickeln. Es soll auf diese Weise Menschen im ganzen Land zusammenkommen, ein Gemeinschaftsgefühl schaffen und Demokratie erlebbar machen. Dies verspricht der Prospekt des Bürgerforums von Medienmachern und Politgrößen. Dabei vergessen die Veranstalter, dass es bisher auch schon viele Mitbürgerinnen und Mitbürger gibt, die sich uneigennützig und ohne (parteipolitische Absichten) Parteipolitik in den Bürgervereinen engagieren. Da sind Vorsitzende und Vorstandsmitglieder in den einzelnen Stadtteilen, die die politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Interessen der Stadtteile z.T. schon über Jahrzehnte engagiert verfolgen und auch kontinuierlich vertreten. Also Menschen, die bekannt sind und sich oft über längere Zeiten verantwortlich beteiligen, sich auskennen und die wissen wo bei der Bevölkerung der Schuh drückt. Gerade dort wäre das richtige und letztlich erfolgversprechende Scharnier von Verwaltung zum Bürger; aber was nützt es wenn man diese eigenständig organisierte Beteiligung auf Dauer gar nicht gewollt ist? Der Verwaltung scheint es am liebsten, wenn alle diese Leute am Bildschirm, testweise abstimmen, um dann das Ergebnis nach Belieben verwenden zu können. Nur, Diskussionen in der Anonymität des Internets auf Online-Plattformen bringen leider nur sehr wenig, denn gute (gesichtslose) Ratschläge wie man alles nur besser machen kann, gibt es in unserem Land leider nur zu viele.  Nur auf der Basis von Kontinuität und Vertrauen, aber auch von Achtung und Anerkennung sind in Zukunft wieder mehr Bürgerinnen und Bürger bereit sich für unsere Gemeinschaft zu engagieren. Unser gesellschaftliches Leben findet auch in Zukunft nicht im Internet statt, sondern im direkten Kontakt von Mensch zu Menschen. Eben diese Basis geht manchen Politikern mit der Zeit verloren, es ist lästig und mit viel Zeit verbunden und wird vordergründig nur vor Wahlen aktiviert. Dort will man dann den Bürger Ernst nehmen? Neue Konzepte braucht das Land nicht für die Bürger, sondern für Politik und Verwaltung.

Uto R. Bonde  AFB Pressesprecher
Stadtkurier März 2011

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